Bernd-Michael Land – Meeresgrund
Eigenvertrieb (2016)
(11 Stücke, 73:29 Minuten Spielzeit)
Nachdem sich der aus Rodgau-Hainhausen stammende Elektronikmusiker Bernd-Michael Land auf seinem letzten Album den Bäumen gewidmet hat, geht er bei seinem neuesten Werk tief auf den Grund der Meere. Mit seinem neuen Album, das den Titel „Meeresgrund“ trägt, will er auf die zunehmende Zerstörung der Ozeane hinweisen.
Jährlich landen rund acht Millionen Tonnen von Plastikmüll in unseren Meeren, eine nicht vorstellbare Größenordnung. Das verheerende dabei ist, das sich dieser Stoff nicht zersetzt und somit nachhaltig den Lebensraum von zahlreichen Tieren und Pflanzen bedroht. Diesem Thema hat sich Bernd-Michael Land auf seinem Album angenommen. Dabei war ihm von Anfang an bei diesem Projekt wichtig, das Material „Plastik“ akustisch mit in die Stücke einzubinden. Das hat er dadurch erreicht, das er Öldosen und Plastiktüten mittels Kunstkopf-Microphonie abgenommen hat. Diese Klänge hat er dann mit verschiedenen Effekten bearbeitet und verfremdet und in die Musik einfließen lassen.
Elf Stücke mit Laufzeiten zwischen 3:28 und 14:31 Minuten hat er eingespielt und auf den Silberling gebracht. Dieser ist in einem sechsseitigen Papersleeve (ohne Plastikverpackung!!!!) verpackt und enthält darüber hinaus ein 16seitiges Booklet mit zahlreichen Infos zum Künstler und zum Projekt.
Die CD beginnt mit dem 3:28minütigen Stück „Hydrosphere“ zunächst mit Geräuschen von Meeresbrandung. Dahinein webt Bernd-Michael Land dann einige elektronischen Sounds. Das klingt noch nicht melodisch, sondern wirkt noch wie ein Fremdkörper in der Brandung wie Plastik im Wasser. Danach geht es mit „Indian Ocean“ weiter, bei dem es melodischer aber anfangs auch recht düster zugeht. Mitten hinein kommen dann Klänge wie raschelnde Plastiktüten, die zu einem recht bedrohlichen Sound gemischt werden. Das macht die Dramatik der Meeresverschmutzung deutlich. Ab diesem Moment sind die Melodien wie weggeblasen und es klingt alles sehr dramatisch. Diese Stimmung geht dann in Synthiesounds über, die Walgesänge imitieren und zu denen ein Echolot zu hören ist.
Das geht dann direkt über in den Track „Deeper“, bei dem eine sehr schöne Harmoniefolge in die Tiefen der Ozeane geleitet. Man hat das Gefühl im Wasser zu schweben, während sich über dem Kopf das Sonnenlicht durch die strahlend blauen Wassermassen brechen. Dazu hört man Luftblasen aus dem Atemgerät nach oben perlen. Der Track wechselt dann so manches Mal seine Struktur. Dem folgt das majestätische „Mirovia“. Nach gut drei Minuten wird dieser Track aber eine Spur düsterer.
Zu Beginn von „Thethys“ kommen seltsame Klänge auf, die zum Einen nach Seevögeln klingen zum Anderen wie etwas Unheilvolles anmuten, das auf einen zukommt. Zum Teil bestückt Land diesen Track mit eingängigen Harmoniebögen, dann wiederum wirkt die Musik etwas verstörend und beklemmend.
In „Panthalassa“ habe ich das Gefühl auf einem Schiff zu sein, während Müll verklappt wird. Diesen Track bestimmt ein harter Rhythmus, der recht bedrohliche Formen annimmt. „Underwater Light“ zeigt sich als surrealer Track, der eine – wie ich finde schräge Melodie aufweist – die wiederum gut zum Thema des Albums passt und in keinster Weise etwas Süßliches aufweist. Und so erzeugt Land auch in den anderen Stücken eher Stimmungen, als melodische Parts. Ich finde er hat die Bedrohung der Meere recht gut musikalisch umgesetzt, denn ein ums andere Mal ergreift mich eine beklemmende Stimmung. Und im abschließenden „Paratethys“ scheint gar die Welt unterzugehen.
Bernd-Michael Land hat auf seinem neuen Werk eine beeindruckende musikalische Vertonung der Verschmutzung unserer Ozeane in Angriff genommen. Zwar findet man auf dem Album keine eingängigen Melodien, dafür kommt man bei der Musik ins Grübeln ob der verheerenden Auswirkungen unseres Wohlstands. Vielleicht schafft es die Musik bei dem ein oder anderen von uns über Vermeidung von Verpackungsmüll nachzudenken.
Stephan Schelle, Juni 2016
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